Nachgefragt: Ursula Seghezzi - uma institut
In der Rubrik "Nachgefragt" kommen verschiedenen Initiativen und Personen aus Lüchow-Dannenberg zum Thema Klimaschutz zu Wort. Sie berichten von eigenen Erfahrungen, Problemen und ihrer Motivation. Außerdem schildern sie warum der Slogan "Gemeinsam.Hier.Jetzt" so wichtig ist und geben ihren persönlichen Klimaschutz-Tipp ab!
Dieses Mal wurde bei Ursula Seghezzi vom uma institut nachgefragt.
Was war der Auslöser für deinen Entschluss, ein Leben (möglichst) ohne Plastik zu führen?
Wir bieten ja beruflich Seminare zur Naturverbindung an (Naturcoaching und Naturrituale). Da liegt die Auseinandersetzung mit dem eigenen Lebensstil nahe. Der Auslöser, das Thema Plastik konkret anzugehen, war dann der Film von Werner Bote „plastic planet“ und das lebendig geschriebene Buch der Familie Krautwaschl, die ihr erstes Jahr in einem plastikfreien Haushalt beschreiben.
Was waren die Hürden am Anfang?
Am Anfang braucht ein Leben ohne (oder besser: mit sehr wenig) Plastik viel Auseinandersetzung. Aber das ist bei jeder Veränderung des Lebens- oder Ernährungsstils so. Ich musste ja erst einmal begreifen, was alles in Plastik verpackt ist (quasi alles). Dann galt es herauszufinden, wo ich welche Dinge plastikfrei kaufen kann (z.B. im Unverpackt-Bioladen bei Frau Süßmilch in Salderatzen!). Und als drittes musste ich herausfinden, wie ich vor allem Kosmetika und Waschmittel selbst herstellen kann (da hat mir das Buch und die Website von smarticular.net große Dienste geleistet!).
All das braucht Zeit, Geduld, Frustrationstoleranz – und macht Spaß. Das Gefühl, mein Leben buchstäblich zu entgiften war großartig!
Wie und wo beginnt man am besten auf Plastik zu verzichten? Hast du einen „Einstiegs-Tipp“?
Der einfachste Einstieg ist der Verzicht, wo Plastik wirklich nicht nötig ist: Verpackungen, Werbegeschenke, Plastikgabeln auf Reisen, Plastikflaschen... Aber Generalrezepte gibt es nicht. Du musst deine Abläufe anschauen und vorbeugen lernen (einen Stoffbeutel zum Spontaneinkauf in der Handtasche mittragen, ebenso einen kleinen Löffel, eine Wasserflasche...).
Das Wichtigste liegt aber – so glaube ich aus eigener Erfahrung und aus meiner Arbeit in der Begleitung von Menschen durch Transformationsprozesse – auf der emotionalen Ebene: Du musst an das Entsetzen über dich und unsere Gesellschaft an dich heranlassen, was die Zerstörung für dich und die Generationen nach uns bedeutet (eine achtlos gekaufte Plastikflasche zum einmaligen Verbrauch benötigt 15.-20. Generationen bis zur Auflösung, und entsorgt ist sie damit noch nicht!!!). Zusammen mit anderen Gleichgesinnten musst du dieses Entsetzen aushalten lernen, denn selbst wenn du dich noch so bemühst, wirst du es nicht schaffen, kein Plastik zu verbrauchen. Du bleibst also trotz Bemühen mitschuldig, und das macht erst einmal demütig, ohne dass es deinen Mut brechen sollte.
Wo im alltäglichen Leben hast du die meisten Schwierigkeiten?
Reisen ist sehr schwierig, zumal wir immer mit öffentlichen Verkehrsmitteln und Fahrrad reisen und alle Behältnisse ohne Plastik schwer zu tragen sind. Aber die größte Schwierigkeit liegt nicht in einem besonderen Bereich, sondern in mir: Wenn ich überfordert und müde bin, falle ich in alte (scheinbar einfachere) Gewohnheiten zurück. Bis neue Gewohnheiten und Abläufe gewöhnlich und einfach werden, braucht es viel Zeit...
Was hat dich ins Wendland verschlagen? Und wie kamen du und dein Mann auf die Idee mit dem Seminar-Haus?
Es war buchstäblich eine Vision (das ist ja auch unser Beruf, Menschen zu ihren Visionen zu begleiten, bzw. herauszukriegen, welche Vision das Leben mit dir vorhat!). Wir lebten damals noch in einer Fernbeziehung Berlin – Schweiz und verbrachten zudem für unsere Kurse fast ein Drittel des Jahres in verschiedenen Seminarhäusern. Wir waren also sehr viel unterwegs. Mit unseren Methoden des Naturcoaching und mit Naturritualen öffneten wir uns für die nächste Lebensetappe – da tauchte ein Haus in einem Rundling im Wendland auf. Und dieses Haus war so groß, dass wir die Seminare bei uns zuhause abhalten konnten. Das war der Schlüssel, danach ging es sehr schnell. Einen Tag später haben wir das Haus auf immoscout.de gefunden, drei Wochen später haben wir uns zum Kauf entschieden...
Gemeinsam.Hier.Jetzt – Was fällt dir dazu ein? Erster Gedanke?
Wandel geht nie alleine. Wandel geht nur im konkreten Leben vor Ort. Und Wandel findet nicht in der Zukunft statt, sondern jetzt. Wir sind mittendrin.
Was ist dein Klimaschutz-Tipp?
In unserem neuen Buch „Vom Zauber der Naturmystik und der Dringlichkeit, dem Leben zu dienen“ geben wir zwei Tipps:
Erstens ein Ranking zu ermitteln, welcher Teil des Lebensstils wirklich klimaschädlich ist. Viele verzichten auf den morgendlichen Quark auf dem Brot, weil sie aus Klimagründen weniger Milchprodukte essen wollen. Gleichzeitig fliegen sie nach Amerika. Das macht schlichtweg keinen Sinn, bzw. der Effekt setzt an der falschen Stelle an. Du kannst gar nicht auf so viel Quark verzichten wie du mit einem einzigen Flug einsparst.
Zweitens plädieren wir für eine Doppelstrategie: Sich (und andere) immer wieder konfrontieren, Wissen vermitteln und zum Verzicht animieren. Gleichzeitig, bzw. im Wechsel, immer wieder Erfahrungen des Genährtseins ermöglichen. Wir erleben dieses Genährtsein (vor allem auf seelischer Ebene) immer wieder in der Natur. Wer im Wesentlichen in der Fülle lebt, kann auf (nur scheinbar Wesentliches) viel leichter verzichten.
Wer mehr über Ursula und David vom uma institut wissen möchte, kann sich auf der folgenden Website informieren: www.umainstitut.net/
Fotos: uma institut, Sara Tege