10 | 01 | 2017

"SoLawi" - Erzeuger und Verbraucher in solidarischer Gemeinschaft

"Solidarische Landwirtschaft" ist das neue Wort für das, was früher "Erzeuger-Verbraucher-Gemeinschaft" hieß. In Volzendorf arbeitet seit einem Jahr ein GärtnerInnen-Kollektiv in diesem Sinne. Inzwischen sind es rund 50 Haushalte, die die "SoLawi"-Initiative mit Gemüse versorgt.

Prall gefüllt war der Gemeinschaftsraum des Hofes in Volzendorf Anfang Januar, als die  Landbaukooperative, die dort im Sinne der "Solidarischen Landwirtschaft" (SoLawi)arbeitet,  zum Informationsnachmittag eingeladen hatte. Rund 50 Interessierte wollten wissen, wie das Projekt funktioniert.

Vor rund einem Jahr sind die drei Gärtnerinnen und Gärtner nach Volzendorf gezogen, um dort einen landwirtschaftlichen Betrieb zu gründen, der nach anderen Prinzipien arbeitet als "normale" Höfe. "Wir wollen die Landwirtschaft als eine der wichtigsten Produktionszweige, die wir haben, nicht dem allgemeinen Profitstreben übergeben," beschrieb einer der aktiven Gärtner den Hintergedanken des Projektes. "Wir produzieren und die Ernte wird unter denjenigen geteilt, die sich verbindlich für eine Teilnahme angemeldet haben." Das bedeutet: Die Landbaukoop baut auf 1,5 Hektar rund 60 - 70 Sorten Gemüse an, die im Laufe des Jahres jeweils wöchentlich an die Mitglieder der "Solawi" abgegeben werden.

Tomaten, Auberginen, Zucchini oder Kräuter gehören dabei ebenso zum Repertoire wie Möhren, Kohlrabi oder Salat. Wünsche der Mitglieder an die Sortenzusammenstellung können dabei durchaus berücksichtigt werden.

Eine bunte Vielfalt an Gemüsen und Kräutern

Für einen festen Beitrag können sich die Beteiligten wöchentlich ihren Anteil an Gemüse entweder in Volzendorf oder Salzwedel abholen. Ein gezeichneter Anteil entspricht ungefähr dem, was eine Person pro Woche an Gemüse verzehrt. In der Praxis sind das - je nach Jahreszeit - zwischen 1,5 und 3 kg Gemüse, die den Mitgliedern zustehen.

Die Auswahl an Gemüsesorten ist im Sommer natürlich höher als im Winter. Aber selbst im Winter kann die Landbaukoop immer noch rund 15 Gemüsesorten - darunter auch Postelein und Rucola - anbieten. Insgesamt stehen der Koop 5 Hektar Ackerfläche zur Verfügung, die aber nur sukzessive in Betrieb genommen werden, wenn es genügend Abnehmer für die darauf produzierten Gemüse gibt.

Gewirtschaftet wird de facto biologisch - wenn auch zur Zeit noch ohne Zertifizierung, da die Umstellung erst im Jahre 2017 begonnen hat. Durch die Kooperation mit dem Archehof Prezier, dem Kriwitzer Apfelhof und den "MontagsbäckerInnen" sind in Volzendorf auch Obst, Fleisch, Wurst und Brot im Angebot. Diese gehören allerdings nicht zum "Solawi"-Projekt, müssen also gesondert bezahlt werden.

Kein Einzelpreis sondern Beteiligung an den Kosten

Ein Grundprinzip der Solidarität ist dabei, dass der Wert des Produktes und der Preis voneinander abgekoppelt werden. Sprich: Die Mitglieder zahlen keine unterschiedlichen Preise für die jeweiligen Gemüsesorten, sondern einen Beitrag, der sich nach den Gesamtkosten des Betriebes richtet. So kann der Betrieb mit verbindlichen Abnahmegarantien wirtschaften, muss sich nicht dem unwägbaren Markt stellen und kann auf staatliche Subventionen verzichten.  

Bei bescheidenen Löhnen für die drei Betreiber des Hofes in Höhe von unter 20 000 Euro im Jahr ergibt sich unter Einreichung aller Kosten wie Saatgut-Kauf, Investitionen etc. ein Gesamtvolumen von rund 42 000 Euro im Jahr, die die Koop erwirtschaften muss.

Wenn also 40 Haushalte sich verbindlich an den Kosten beteiligen, so wird für jedes Mitglied ein monatlicher Beitrag von knapp 90 Euro fällig - wobei die Koop allerdings, ganz dem solidarischen Prinzip verpflichtet, es jedem Einzelnen überlässt, die Höhe des monatlichen Beitrags selbst zu bestimmen. "Wir wollen eine Teilnahme auch Jenen ermöglichen, die sich 90 Euro im Monat nicht leisten können," so die Koop-Gärtner am Sonntag bei der Projektvorstellung.

Ein großer Sprung: von 30 auf rund 50 Haushalte


30 Haushalte waren es schon im ersten Jahr, die die Landbau-Koop regelmäßig mit Gemüse versorgt - 70 sollen es einmal werden. die 50-Mitglieder-Hürde ist inzwischen auch übersprungen. Dieser Erfolg zeigt wieder einmal, wie wichtig es Verbrauchern ist, Lebensmitteln zu bekommen, die in direkter Nachbarschaft nach ökologischen Kriterien hergestellt werden - und an deren Produktion sie sich je nach Lust und Zeit aktiv beteiligen können.

Das ist den Mitgliedern durchaus einen (umgerechneten) Kilopreis von 7 bis 10 Euro wert. Denn egal ob Zwiebel, Spinat oder Fenchel im Korb landet - der monatliche Beitrag bleibt immer gleich. Dafür unterstützen die Mitglieder aber einen landwirtschaftlichen Betrieb ihrer Wahl so nachhaltig, dass schwankende Marktpreise und gesellschaftliche Verwerfungen die Existenz nicht gefährden.

Übrigens: auf dem Acker sorgt Arbeitspferd "Barbie" dafür, dass die Möhren gehackt oder der Boden gegrubbert wird.   Mehr zur solidarischen Landwirtschaft gibt es auf den Internetseiten der Initiative.

Foto / Angelika Blank: Reihenweise wurden auf der gut besuchten Informationsveranstaltung Anfang Januar Anteilserklärungen zur "solidarischen Landwirtschaft" unterschrieben